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Das Quartier Züri vier |
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Die Trolleybuslinien 31 und 32 bedienen das Quartier zwischen der Sihl und jener Eisenbahnlinie vom Zürcher Hauptbahnhof nach Thalwil. Zürich wie Paris. Oder Zürich wie New York: Keine der anderen Bus- oder Tramlinien sind derart farbig, in keiner ist das Sprachengemisch so gross. Zürich Aussersihl, jener Stadtteil, der Ende des neunzehnten Jahrhunderts zunächst vorwiegend italienischen Eisenbahnarbeitern und Schweizer Arbeiterfamilien als Wohnort gedient hat, hat seine internationale Ausstrahlung über all die Zeit behalten können. Nach den Italienern kamen die Ostjuden, dann die Spanier und Tamilen, die Jugoslawen und Lateinamerikaner. So kinderreich war das Zuzügerquartier, dass hier innert kurzer Zeit gleich vier grosse Schulhäuser entstanden sind. Kleine Läden haben das Quartier bis in die Siebziger Jahre geprägt, nicht wenige sind sogar in die Literatur und in den Spielfilm eingegangen. Mit der Entwicklung neuer Wohngebiete auf Stadtgebiet hat sich Zürichs Kreis 4 sozial gewandelt. Spielsalons und Sexbetriebe, Esslokale und kleine ausländische Lebensmittelläden, kunstgewerbliche Ateliers und Architekturbüros sind ebenso ins Quartier gezogen wie Alkoholiker und Drogenkonsumenten, die in einigen Hinterhöfen zu ihrem Stoff kommen. Kein Stadtteil Zürichs dürfte so kontrastreich und farbig, so bürgerlich und exotisch zugleich sein, wo Fonduelokal und Thai-Restaurant, Sozialverwaltung und Bordell, Seidenatelier und Gassenzimmer so nahe beisammen sind. Wer nach Einbruch der Dunkelheit im Kreis 6 unterwegs ist, begegnet kaum einem Menschen mehr. Im Kreis 4 ist stets was los. Manchmal, meinen Anwohner, dürfte es etwas weniger sein. Ob sie es wirklich meinen?
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